Ich war in einer Art Kathedrale ohne Dach. Der Himmel war grau. Um mich herum waren einige Menschen. Sie trugen Tarnkleidung und waren damit beschäftigt, Waffen für ihre Verteidigung bereit zu stellen. Um uns herum wurde bombardiert. Ich wusste nicht wirklich, warum ich da war, konnte aber nicht raus. Es war zu gefährlich. Als es für längere Zeit still wurde, habe ich es doch gewagt.

Ich war im Dorf meiner Kindheit und versuchte, mich zu unserem Familienhaus zu schleichen, ohne von den kämpfenden Russen erwischt zu werden. Anstatt auf der Straße zu bleiben, bin ich an der großen Kurve vor dem Kreisverkehr dem kleinen steilen Weg hoch gefolgt, der hinter dem DDE-Gebäude versteckt ist. Der Weg war viel steiler als in meiner Erinnerung, ich musste richtig mit den Händen klettern. Oben angekommen, wusste ich nicht so recht, wie ich weiter gehen soll. In meiner Kindheit war ich immer eine schmale, steile Treppe an der Steinmauer entlang auf der anderen Seite der Straße hoch nach Hause gelaufen[1]. Dahin zu kommen war jetzt schwierig, der Panzerverkehr war zu stark und die Sicht auf beiden Seiten der Straße zu kurz, um sie zu überqueren. Ich würde die Straße rechts zum Kreisverkehr und zurück nach links die Straße hoch zu meinen Eltern laufen müssen.
Im Haus meiner Eltern waren bewaffnete Russen. Sie erklärten uns, sie hätten mit dem Bombardieren erstmal Pause gemacht, weil es Sonntag war, aber jetzt würden sie weiter machen. „Warum muss das sein?“ habe ich gefragt. Keine Antwort.
Ich bin mit dem Geräusch von Maschinenpistolen in den Ohren aufgewacht. Zwei Uhr morgens. Der Ehemann war neben mir am Schnarchen. Kurz danach hat er im Traum geschrien, aufgeregt geatmet, sich umgedreht und weiter geschlafen. Das Wiedereinschlafen hat bei mir länger gedauert.
Gestern bin ich schon um sechs Uhr morgens in Panik aufgewacht. Jemand war im Haus, davon war ich mir sicher. Ich habe mich nicht getraut, den Ehemann zu wecken, damit die Einbrecher uns nicht hören. Ich habe die Schlafzimmertür beobachtet. Ein gelbes Licht ging kurz an, wie ich durch den Spalt zwischen Tür und Türrahmen sehen konnte. Ich habe weiterhin die Tür beobachtet. Ich sollte meine Schwester benachrichtigen, dass sie nicht aus der Etage runter kommt, ich wusste nur nicht wie. Es wurde langsam heller. Die Schlafzimmertür war eigentlich dicht geschlossen, das Licht muss ich mir ausgeträumt haben. Und meine Schwester war doch gar nicht bei uns.
[1] Wenn ich mir diese Treppe heutzutage anschaue, frage ich mich, wie ich mich früher da hoch wagen konnte. Die Treppe verläuft eng an der Mauer lang, ohne Sicherung auf der Abgrundseite zur Straße. Die Steine sind glatt getreten und die Stufen zu einer steilen Rutsche geworden. Vermutlich ist die Treppe all die Jahre nicht instand gesetzt worden. Auf halber Höhe der Mauer läuft eine schmale, waagerechte Stufe den Rest der Mauer lang, die nirgendwo hin führt. Wir hatten uns mit meinem Bruder häufig da hingegessen und das Spiel von „rate mal welches Motorrad gleich aus dem Kreisverkehr angefahren kommt“. Mein Bruder konnte die einzelnen Modelle aus dem Geräusch vom Motor von weitem erkennen.
Dieser Beitrag ist ursprünglich auf Meckereien & Co. erschienen.